Lyrische Gattung (Fr. Schlegel)

Aus Lyrikwiki

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Die lyrische Gattung besteht aus drey Arten — Elegie, Lied, und Chor; und diese drey sind wieder eins im Hymnus, der zugleich die Gnome <oder die GedankenPoesie als Bestandtheil der GeistesPoesie> umfaßt. —

Der Chor ist die GEMEINSAME Ode; und dieses ist ein Charakter, den alle geistlichen und kirchlichen Lieder haben. — Es fehlt in dem ganzen Schema nur die jambische Art. Aber dieses könnte wohl mit ein Element des Chors seyn, wo dieser nämlich den strafenden Charakter annimmt; da ohnehin ein jambischer PRIVAThaß kein poetischer Stoff seyn kann; nur ein öffentlicher Unwillen hat die Würde, welche dem Ernst des chorischen Liedes entspricht. <Auch der dithyrambische Schwung begründet keine eigene Gattung, sondern ist nur ein Bestandtheil des chorischen Gedichts, welches darum doch eine streng gesetzliche Form haben kann.>


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Unter den materiellen oder positiven Wissenschaften, welche nach den drey Principien eingetheilt sind, also: Theologie; Physik; von welcher die Mathematik wieder nach oben als Geist der Physik gerichtet ist, wie die Naturhistorie nach unten. Historie; entspricht die Theologie als am meisten verwandt der lyrischen Dichtkunst, die Physik durch das Medium der Kosmogonie und des ϕσ[philosophischen] Naturgedichtes der epischen Dichtkunst; die Historie aber der dramatischen.


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Unter den materiellen Künsten entspricht die Pictur, als theologische Kunst, der lyrischen Gattung, welche auch, wie die Mahlerey, durchaus symbolisch seyn muß, in Allegorien und Hieroglyphen; nicht bloß mythisch, wie die epische Poesie. — Die Musik in ihrem magischen Wirken, und psychischen Charakter hängt am meisten mit dem Epos zusammen, was eben so magisch wirken soll. — Die Architektur und Sculptur endlich sind der dramatischen Dichtkunst am meisten verwandt.


Quelle:

Zur Poesie und Litteratur. 1823


Friedrich Schlegels Literarische Notizhefte. XXIII

aufbereitet von Joachim King unter Leitung von Volker Deubel

http://mut.mhn.de. DynaWeb-Server am IT-Zentrum Sprach-und Literaturwissenschaften Universität München 2007

Textgrundlage: Originalnotizheft (Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz) sowie Kritische Friedrich - Schlegel - Ausgabe. Hg. Ernst Behler unter Mitwirkung von Jean-Jacques Anstett und Hans Eichner. Band 17. (Verlag Ferdinand Schoeningh: Paderborn, München, Wien, 1991).

Electronic Edition of Friedrich Schlegel's Literary Notebooks connecting critical text with page images and transcripts of the original manuscripts. Part XXIII. Elements of the TEI Lite DTD extended by a subset of Mathematics DTD ISO / IEC TR 957311:1992E