Barde

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Adelung

Barde, der

[730] Der Barde, des -n, plur. die -n, ein Nahme, welchen bey den ältesten abendländischen und mitternächtigen Völkern die Sänger oder Dichter führeten, und der in der poetischen Schreibart der Neuern zuweilen noch jetzt für einen ehrwürdigen Dichter gebraucht wird.

Herauf, o Sonne! lange schon harret dir
Der Bard entgegen!
     Denis.

Anm. Ammianus Marcellinus, Strabo und andere versichern, daß bey den alten Galliern Bardus einen Sänger bedeutet habe. Das Stammwort ist ohne Zweifel das alte baren, welches nicht nur schreyen, und brummen, sondern auch singen bedeutete. S. Schilters Glossar v. Bardus, Wachters Glossar. v. Bardus und Baren, Frischens Wörterb. v. Baren, und des du Fresne Glossar. v. Bardire, Bardaea, Bardicatio. In Bretagne werden die Geigenspieler, welche auf den Dörfern herum ziehen noch jetzt Barden genannt, und da auch die Waldenser nicht nur einen Geistlichen, sondern auch einen jeden angesehenen Mann Barba, oder Bart zu nennen pflegen, so ist glaublich, daß auch dieser Nahme von dem alten Gallischen Bardus abstammet. Denn[730] daß dieser Ausdruck das folgende Bart, barba, seyn sollte, ist wohl nicht glaublich, weil die Gewohnheit Bärte zu tragen ehedem allgemein war, die Figur auch zu hart und ungewöhnlich seyn würde. S. indessen den du Fresne v. Barbanus. Bar kommt in der Bedeutung eines Liedes noch bey dem Hans Sachs vor. Was übrigens das Verbum baren betrifft, so ist solches für schreyen, rufen, noch im Niedersächsischen üblich, und kommt in der Bedeutung des Singens mit dem Hebräischen Parat, singen, überein.

Quelle: Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 730-731. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000052086


Pierer

[322] Barde, im Mittelalter so v.w. Beil.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 322. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20009470832

Barden

[322] Barden, die Sänger bei den Celtischen Nationen; sie stellten poetische Wettkämpfe an, sangen die Nationallieder bei Festen u. an den Fürstenhöfen zur Harfe (Chrotta), zogen an der Spitze der Heere in den Krieg u. begeisterten sowohl die Krieger zur Tapferkeit als unterhandelten auch den Frieden. Die B. bildeten einen Orden, dessen Regeln u. Gesetze immer mehr ausgebildet wurden; nach denselben unterschieden sich die Mitglieder nach ihrem Wirkungskreis als Sänger (ob sie vor den höhern, den mittlern od. niedern Ständen fangen), nach dem Maße ihres Talentes (ob sie nämlich blos die Lieder ihres Meisters lernten u. wiederfangen od. selbst deren dichteten), endlich nach dem Range (ob sie blos Lehrlinge od. Vorstände einer Provinzialschule od. der ganzen Bardenzunft eines Landes waren). Das B-thum verschwand in Gallien frühe, dagegen erhielt es sich lange in Britanien, namentlich in Wales, wo 940 von dem König Howel-Dha die Gesetze des B-ordens schriftlich aufgezeichnet wurden u. 1078 der Orden selbst eine neue Verfassung bekam. Die poetischen Wettkämpfe, welche an verschiedenen Orten des Landes gehalten wurden, hießen Eisteddfods; der König selbst stellte die Kampfrichter. Zwar kam der Orden 1204 nach der Eroberung des Landes durch Eduard I. in Gefahr, vernichtet zu werden, doch hielt er sich noch, u. die Eisteddfods wurden bis zur Zeit der Königin Elisabeth gehalten. Um die Reste der B-lieder zu sammeln, haben sich seit dem 18. Jahrh. mehrere Gesellschaften gebildet, so die Gwyneddigion Society (1770), die Cambrian Society (1818) u. die Metropolitan Cambrian Institution. Vgl. Jones, Relics of the Welsh Bards, Lond. 1794; Owen, The Myvyrian archaeology of Wales, 1801–7, 3 Bde.; Ar barddoniath Cymraeg, 1828. Nach der von dem sagenhaften Könige Eochaid, dem Begründer der Wissenschaften in Ireland, gegebenen Verordnung wurden die B. von den Druiden unterrichtet, nach 12jähriger Lehrzeit wurde der Schüler ein Ollamh (Doctor), kam auch zuweilen in den Druidenorden; nach ihrer Geburt wurden sie lasienmäßig zu ihren Ständen vertheilt; nach ihrer Wissenschaft waren sie entweder Filedha, Sänger u. Räthe der Fürsten, od. Breitheamhaim, die in zweifelhaften Rechtsfällen entschieden, od. Seanachaidche, Genealogen, Geschichts- u. Alterthumskenner. In Irland genossen die B. große Vorrechte u. hatten viel Grundbesitz, was den Neid des Volks erregte, weshalb zum Schutz der B. im 1. u. 6. Jahrh. n.Chr. von den Königen ihre Privilegienbeschränkt u. ihr Orden reformirt wurde. Seit der Eroberung Irlands durch König Heinrich II. von England im 12. Jahrh. sank das B-thum; weil die B. durch ihre Lieder den Patriotismus der Iren immer erhielten u. wieder weckten, so wurden sie von den englischen Herrschern mit Ungunst betrachtet, u. nach dem Siege Wilhelms III. 1690 über Jakob II. wurde durch die Einführung des Lehnswesens in Irland das B-thum zerstört. Auch irische B-lieder sind erhalten, z.B. die des B. Turlogh O'Carolan, andere von M. Brooke (Reliques of Irisch poetry 1789), u. Hardiman (Irish minstrelsy, 1831); vgl. Walker, Mem. of the Irish Bards, Lond. 1786. Das schottische Bardenthum war ein Zweig des irischen u. von NIrländ seit dem 3. Jahrh. über Schottland verbreitet; auch hier waren die B. erbliche Diener des Edelmanns, u. der Orden hörte auch hier mit Auflösung der Erbgerichtsbarkeit (1748) auf. Der Repräsentant des schottischen B-thums ist Ossian (s.d.). Bei den Germanen gab es keine B., wenigstens ist der Name hier nicht bekannt, u. ob eine dem B-thume ähnliche Einrichtung bei ihnen bestanden, ist nicht gewiß. Die Annahme deutscher B. durch Klopstock u.a. ist daher zu den poetischen Fictionen zu zählen, s. Bardengesänge 2).

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 322. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20009470867