Tausendundeine Nacht

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Pierer 1863

[302] Tausend u. eine Nacht, der Titel einer arabischen Sammlung orientalischer Märchen u. Erzählungen aus verschiedenen Jahrhunderten u. von verschiedenem Charakter u. großer Abwechselung im Ganzen wie im Einzelnen, Allegorien, Gleichnisse, Parabeln sind eingewebt, mit erzählenden Menschen wechseln sprechende u. handelnde Thiere, Wahrnehmungen aus der Pflanzenwelt u. dem unorganischen Reich der Natur sind angeknüpft; eingefügt sind den einzelnen Erzählungen Denksprüche, Erfahrungssätze, Lebensregeln, Räthsel. Der Hauptheld ist Harun al Raschid (s.d.); neben ihm spielt eine Hauptrolle Schehezerade, die Tochter eines persischen Wesirs; sie war nach der Sage einem Khalifen verheirathet, welcher seine Frau, sobald er derselben überdrüssig wird, umbringen läßt. Schehezerade weiß aber durch Erzählung von immer neuen Märchen sein Interesse zu fesseln, u. diese Märchen sind in T. u. e. N. enthalten. Daher die Sammlung auch den Namen Schehezerade führt. Zum Grunde liegt wohl die persische Sammlung Hesar efschane, d.i. Die tausend Märchen, von Rosti; der Stamm der jetzigen arabischen Sammlung scheinen Dschehestavis Tausend Nächte, aus dem 9. Jahrh., zu sein; an diese, nur 400 enthaltend,[302] wurden dann immer andere gereihet, bis die jetzige Sammlung im 15, Jahrh. abgeschlossen wurde. Nächte heißen sie, weil sie bes. zu dieser Tageszeit erzählt wurden; 1001 bezeichnet nicht diese bestimmte Zahl, sondern 1000 bedeutet sehr viel u. darüber noch eine, also eine große Menge. Der arabische Text ist herausgegeben von Scheikh Muhammad us-Schurwäni ul Yumuni (nur die ersten 200), Calc. 1814–18, 2 Bde.; von Habicht u. Fleischer, Bresl. 1825–43,12 Thle.; von Macan u. Macnaghten, Calc. 1839; Bulak, 1835, 2 Bde. Auf das Gebiet der europäischen Literatur brachte diese T. u. e. N. zuerst Galland, welcher sie als Les milles et une nuits ins Französische übersetzte, Par. 1704–17, 12 Bde., u. ö., mit Fortsetzungen von Caussin de Perceval, ebd. 1806, 1.–9. Thl.; von E. Gauttier, ebd. 1822–24, 1.–7. Bd.; von Destains, ebd. 1823–25, 6 Bde.; von Trébutien, ebd. 1828, 3 Bde.; von Bourdin, 1838, 4 Bde. Aus der Gallandschen Übersetzung gingen zum Theil hervor die italienische: Novelle arabe divise in mille ed una notte, Vened. 1722, 12 Bde.; die englische: Arabian nights entertainments, consisting ot one and thousand stories, Lond. 1796, 4 Bde., u. m.; aus dem Urtext übersetzt von I. Scott, ebd. 1811, 6 Bde. (Lpz. 1827, 1 Bd.); deutsche Übersetzungen: Lpz. 1712, 4 Bde.; ebd. 1759, 12 Bde.; von I. H. Voß, Brem. 1781–85, 6 Bde.; von Chavis u. Cazotte, Gotha 1790 f., 4 Bde.; von Wichmann, Lpz. 1810, 5 Bde.; nach Hammers Übersetzung von A. E. Zinserling, Tüb. 1823, 3 Bde.; von M. Habicht, F. H. von der Hagen u. K. Schall, Bresl. 1824 f., 15 Bde., 5. A. 1840; von Weil, Stuttg. 1837–42, 4 Bde., u. Stuttg. 1841 f., 44 Bdchen.; von Al. König, Lpz. u. Berl. 1840–42, 24 Bdchen.; von L. Parrot, Berl. 1843, 3 Bde.; englisch von Ed. Forster, Lond. 1802, 5 Bde., n. A. von Bussy, 1839; von Ion. Scott, ebd. 1811, 6 Bde.; von Lambe, ebd. 1826, 3 Bde.; von Lane, ebd. 1839, 3 Bde.; dänisch von Heelegaard, Kopenh. 1818; Rasmussen, ebd. 1824. Nachbildungen waren: I. von Voß, 1001 Nacht der Gegenwart, Berl. 1809–11, 4 Bde.; ferner Les mille et un jours (Tausend u. ein Tag), persische Erzählungen von Petit de la Croix, Par. 1710–29, 5 Bde., u. von Collin de Plancy, ebd. 1826, 5 Bde. (englisch von Philips, Lond. 1738, 5. Ausg. Koburg 1779–81, 3 Bde.; deutsch, Lpz. 1788, 3 Bde., u. von v. d. Hagen, Prenzl. 1839, 11 Bde); Les mille et une heures (Tausend u. eine Stunde), Amsterd. 1733, 2 Bde.; Les mille et une quart d'heures (Tausend u. eine Viertelstunde), tatarische Erzählungen, Haag 1715–17, 4 Bde., deutsch Lpz. 1716–17, 2 Bde.

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 302-303. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20011074450


Meyers 1909

[358] Tausendundeine Nacht, berühmte alte Sammlung morgenländ. Märchen und Erzählungen, ihrem Grundstock nach indischen Ursprungs, aber in persischen und später namentlich in arabischen Ländern selbständig überarbeitet und erweitert. Die jetzige Gestalt des Ganzen bietet in den ältern Teilen ein anschauliches Bild arabischen Lebens aus der Blütezeit des Kalifats dar, in den jüngern ein solches ägyptischen Lebens aus der Mamelukenzeit. Das Werk scheint in seinen Grundzügen bereits im 9. Jahrh. n. Chr. bei den Arabern bekannt gewesen zu sein, und es dürfte ihm eine persische Sammlung, »Hesâr efsâne« (»Die 1000 Märchen«), zugrunde liegen. In seiner jetzt verbreitetsten Gestalt stammt es aus Ägypten und zwar aus dem 15. Jahrh. Im Abendland wurde es erst durch Gallands »Les mille et une nuits« (Par. 1704–17, 12 Bde.; in den zahlreichen Auflagen vermehrt von Caussin de Perceval u. a.) bekannt. Die vollständigste deutsche Übersetzung der Gallandschen Bearbeitung ist die von Habicht, v. d. Hagen und Schall (5. Aufl., Bresl. 1840, 15 Bde.). Direkte Übersetzungen ins Deutsche lieferten Weil (neueste Ausg., Bonn 1897, 4 Bde., und Berl. 1906, 4 Bde.), König (neue Ausg., Brandenb. 1876, 4 Bde.), Henning (in Reclams Universal-Bibliothek), Greve (auf Grund der Burtonschen engl. Ausgabe, Leipz. 1907 ff., 12 Bde.), Cary von Karwath (Wien 1907 ff.); ins Englische Lane (neueste Ausg., Lond. 1901, 3 Bde.; dies die beste, freilich gereinigte Übersetzung), Payne (das. 1882–89, 13 Bde.) und Burton (vollständige Übersetzung, nächst der Laneschen die beste, 16 Bde.; neueste Ausg., Denver 1899; daneben auch eine Familienausgabe, Lond. 1886, 6 Bde.), ins Französische Mardrus (Par. 1899–1904, 16 Bde., nicht sehr gut). Eine Ausgabe des Originals besorgten Habicht und Fleischer (Bresl. 1825–43, 12 Bde.) sowie Macnaghten (Kalk. 1839–42, 4 Bde.; orientalische Ausgaben sind in Bulak, Bombay und Lahore, gereinigt auch in Beirut erschienen). Zu den verwickelten kritischen Fragen vgl. de Sacy, Recherches sur l'origine du recueil de contes intitulé; Les mille et une nuits (Par. 1829); de Goeje im »Gids«, 1886; A. Müller in Bezzenbergers »Beiträgen«, Bd. 13; Zotenberg, Histoire d'Alâ al-dîn (Par. 1888) und im »Journal asiatique«, 1886, und Basset in der »Revue des traditions populaires«, Bd. 13. Unter den mannigfachen Nachbildungen der Sammlung sind Pétis de la Croix und Lesages »Mille et un jours« (Par. 1710–12, 5 Bde.; deutsch von v. d. Hagen, 2. Aufl., Prenzl. 1836, 11 Bde.), ferner »Les mille et une heures« (Amsterd. 1733, 2 Bde.) und »Les mille et un quarts d'heure« (Haag 1715–17, 3 Bde.) zu nennen. Eine erschöpfende Bibliographie von T. gibt Chauvin, Bibliographie des ouvrages arabes, Teil 4–7 (Lüttich 1892 ff.).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 358. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20007566824


Damen Conversations Lexikon 1838

[52] Tausend und eine Nacht. Unter diesem Namen ist in der Literatur die Sammlung arabischer Mährchen bekannt, die in zahllosen Ausgaben über ganz Europa verbreitet wurden, nachdem sie einmal von Asien herüber den Weg in civilisirte Länder gefunden hatten. Am ersten wurden die wunderbar duftigen, aus einer nicht selten höchst barokken Phantasie entsprungenen Mährchenerzählungen in Frankreich bekannt; in neuerer Zeit aber hat man sie aus der Ursprache unmittelbar auch dem Deutschen näher zu bringen gesucht. Die Entstehung dieser phantastischen Erzählungen, aus denen man das treueste Bild orientalischen Denkens und Lebens schöpfen kann, verdanken wir der Sage nach einer Sultanin, die um den Blutdurst ihres Gemahles zu stillen, ihn durch Erzählungen am frühen Morgen zu zerstreuen suchte. Sehr pfiffig bricht sie gewöhnlich mitten in einer Erzählung ab, mit dem Vorbehalt, sie zu beendigen, wenn der Sultan ihr noch einen Tag des Lebens schenke wolle. Der Sultan ist neugierig und so spinnt sich eine Erzählung aus der andern hervor, bis die Zahl von 1000 und eine Nacht voll wird. Die neueste vollständige Ausgabe, mit sinnigen und höchst glücklich gewählten Vignetten verziert, ist bei Max und Comp. in Breslau erschienen, herausgegeben von Habicht, von d. Hagen u. Karl Schall. Eine andere wird jetzt in Stuttgart vorbereitet, der eine ansehnliche Zahl Holzschnitte beigegeben werden soll. W.....m.

Quelle: Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 52. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001770713


Brockhaus 1841

[377] Tausend und Eine Nacht ist der Titel einer in arab. Sprache geschriebenen, durch vielfache Übersetzungen jetzt dem ganzen gebildeten Europa bekannten Sammlung morgenländischer Märchen und Erzählungen, welche auf die einfachste Art zu einem Ganzen verbunden sind. Es wird nämlich erzählt, der Sultan Schachriar habe, entrüstet über die Untreue seiner Gemahlin, befohlen, daß ferner jede seiner noch von ihm zu wählenden Gemahlinnen am Tage nach der Hochzeit hingerichtet werde. Dieses geschieht, bis er die kluge Scheherasade, die Tochter des Veziers, heirathet. Diese weiß ihm so reizende Erzählungen vorzutragen, daß Schachriar ihre Hinrichtung von einem Tage bis zum andern verschiebt, sodaß endlich Tausend und Eine Nacht vergangen sind. Scheherasade hat indeß drei Kinder geboren, welche sie jetzt ihrem Gemahl vorstellt, indem sie ihn bittet, sein blutiges Gesetz zurückzunehmen. Dies geschieht, der Sultan umarmt seine Kinder und bedingt sich von seiner Gemahlin nur, daß sie ihn ferner durch gefällige Märchen ergötzen solle. Die Märchen, welche Scheherasade dem Sultan zur Fristung ihres Lebens in Tausend und Einer Nacht erzählt hat, machen den Inhalt des ganzen Werkes aus. Diese Erzählungen sind das gemeinschaftliche Eigenthum des Morgenlandes, vielleicht ist ihr Ursprung uralt. Im Allgemeinen herrscht im Morgenlande die Vorliebe für Erzählungen, mit denen sich die den behaglichen Müßiggang liebenden Orientalen die Zeit verkürzen. So anspruchlos, zum Theil ziemlich inhaltleer die hier gesammelten Märchen auch sind, so haben sie doch einen unnachahmlichen Reiz. Der Wunderglaube des Orients tritt uns in den blendendsten Farben entgegen und wir sehen mit staunenden Blicken das reiche Morgenland mit seinen weisen Greifen, tapfern Männern, reizenden Frauen, mit seiner üppigen Natur, seinen phantastischen Bauwerken, mit seinem Despotismus, seiner erbärmlichen Gerechtigkeitspflege, seinem lügenhaften Priesterthum, kurz mit allen seinen Gliedern vor unsern Augen sich regen. Nachdem zuerst 1704 durch Ant. Galland ein Theil dieser Erzählungen bekannt geworden war, nahmen Gelehrte und Ungelehrte gleich lebhaftes Interesse an diesem Sagenschatz, welcher allmälig durch die Bemühungen sprachkundiger Männer, unter denen besonders die Deutschen Hammer und Habicht sich auszeichneten, ganz zu Tage gefördert und in deutsche Sprache übertragen wurde. Die Uebersetzung von Max. Habicht, von der Hagen und K. Schall, 15 Bdchn. umfassend, erschien Breslau 1825 in zweiter Ausgabe und die neueste Übertragung ist die von Gust. Weil (Pforzheim 1839 fg.).

Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 377. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20000868795


Herder 1857

[423] Tausend und eine Nacht, Titel einer Sammlung von Märchen und Erzählungen ind., pers. und arab. Ursprungs, zwischen dem 14.–16. Jahrh. in Aegypten gesammelt und nacherzählt und in der Art zu einem äußerlichen Ganzen gestaltet, daß Scheheresade als Erzählerin auftritt. Als Einleitung nämlich erzählt der Sammler, wie Sultan Schariahr jede Frau hinrichten zu lassen pflegte, sobald er derselben überdrüssig geworden war, wie aber Scheheresade nicht nur dem Loose ihrer Vorgängerinen entrann, sondern den Sultan zum Gatten bekam, nachdem sie ihm 1001 Nacht erzählt und ihn durch ihre Erzählungen für sich eingenommen hatte. In Europa wurde die Sammlung zuerst durch Galland bekannt, der sie aus dem Arabischen ins Französische übersetzte, seitdem ist sie in die Sprachen aller civilisirten Völker übersetzt worden, ins Deutsche von Zinserling, Habicht, von der Hagen u.s.f. Minder berühmt als 1001 Nacht ist das pers.-arab. Märchenwerk 1001 Tag, das zuerst 1710 franz. herausgegeben wurde, verunglückt u. mitunter miserable Machwerke z.B. 1001 Liebschaft, sind die Nachahmungen der T., zumal sich derartige Erzählungen als Ergüsse des orientalischen Volksgeistes von Abendländern sehr schwer nachahmen lassen.

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 423. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20003537919


Brockhaus 1911

[813] Tausendundeine Nacht (arab. Alif laila wa-laila), eine der populärsten arab. Sammlungen von Erzählungen und Märchen, deren Grundstock eine bereits im 10. Jahrh. vorhandene arab. Bearbeitung von pers. Erzählungen ist, denen man das Gepräge der Blütezeit der abbasidischen Regierung in Bagdad verlieh und die man in diesem Sinne allmählich erweiterte. Übersetzungen haben in deutscher Sprache Habicht, von der Hagen und Schall (15 Bde., 1824-25), Weil (4 Bde., 4. Aufl. 1871-72), Henning (8. Bde., bei Reclam), in engl. Lane (3. Bde., 1883), Payne (9 Bde., 1882-84) und am vollständigsten Rich. Burton (16 Bde., 1885-88), in franz. Galland (1704-17) und Mardrus (1899 fg.) veranstaltet.

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 813. Permalink: http://www.zeno.org/nid/20001609696